4. Potentiostat als PräzisionsAmmeter ("Null - Ohm - Ammeter")

Ein einfaches Ammeter, wie es zum Beispiel in einem Digitalmultimeter vorhanden ist, mißt den Strom indirekt, indem die Spannung gemessen wird, die über einem Meßwiderstand proportional dem fließenden Strom abfällt. Ein handelsübliches 3 ½ - stelliges Digitalmultimeter hat einen kleinsten Spannungsbereich von 200 mV, entsprechend werden die Meßwiderstände intern geschaltet. Mit anderen Worten: Nutzen Sie die Stromauflösung des Instruments durch die Wahl des passenden Meßbereichs voll aus, dann beträgt der Spannungsunterschied während der Messung bis zu 200 mV.

Beispiel: Sie messen einen Strom von 100 µA im Meßbereich 200 µA des Digitalmultimeters. Der eingeschaltete Meßbereich sei 200 µA. Dazu wird (intern im Multimeter) ein Meßwiderstand von 1 kOhm eingeschaltet, über dem nach Georg Simon Ohm U = R x I = 1000 Ohm x 100 µA = 100 mV abfallen.

Für die Messung von Strömen in einem elektrischen Schaltkreis ist das solange unschädlich, solange dieser Spannungsabfall nicht auf die übrigen Funktionen im Meßobjekt rückwirkt. In einer elektrochemischen Zelle sind aber 100 mV bereits sehr viel: Erinnern Sie sich bitte daran, daß z.B. bei Raumtemperatur bei der Wasserstoffabscheidung eine Potentialveränderung von - 114 mV eine zehnfach größeren Strom (oder bei + 114 mV zehnfach kleineren Strom) zur Folge hat. Noch drastischer ist der Effekt bei der Metallauflösung: Hier variieren die Ströme bereits mit 59 mV (etwa Eisen) oder gar nur 40 mV (Nickel) pro Stromdekade. Daraus ist ersichtlich, daß ein solches Instrument nicht zur Messung von Kurzschlußströmen zwischen zwei Elektroden einer galvanischen Paarung taugt, es sei denn, man arbeitet stets im größtmöglichen Meßbereich, der noch eine sichere Ablesung gestattet. Im vorliegenden Fall müßte man, um den Meßfehler in akzeptablen Grenzen zu halten, den Meßbereich 2 mA wählen. Die gegenseitige Polarisation der Meßelektroden betrüge dann bei 100 µA nurmehr 10 mV, entsprechend kleiner wäre die Verfälschung des Meßergebnisses, allerdings verringert sich entsprechend auch die Genauigkeit der Stromablesung am Instrument selbst: Würden Sie nun auf den Meßbereich 20 mA umschalten, bliebe die Verfälschung der Meßergebnisse unter 1 %, allerdings wäre das Meßergebnis selbst nur noch auf ± 10% ablesbar!

Für elektrochemische Messungen ist deshalb eine Strommessung unerläßlich, die keine Potentialunterschiede zwischen den Meßpunkten (d. h. den Elektroden) bewirkt. Dazu werden spezielle "Null - Ohm - Ammeter" angeboten. Auch einen Potentiostaten können Sie als "Null - Ohm - Ammeter" schalten. Verbinden Sie dazu wieder Referenzelektrodenanschluß und Gegenelektrodenanschluß. Eine der beiden zu messenden Elektroden wird mit dem Arbeitselektrodenanschlüssen verbunden, die andere mit Referenz- und Gegenelektrodenanschluß.

Bild 4: Potentiostat als Null - Ohm - Ammeter unter Verwendung des internen Range - Widerstands (Current Sink)
Jetzt müssen Sie nur noch den passenden Strombereich einstellen. Das Meßergebnis können Sie am eingebauten Instrument ablesen, oder am Stromausgang ein hinreichend genaues Spannungsmeßgerät anschließen: Das zeigt den Strom dann mit Promille - Genauigkeit an.

Polarität: Bei unseren Potentiostaten wird ein anodischer Strom durch die Arbeitselektrode (d. h. die Arbeitselektrode ist positiv gegenüber der Gegenelektrode) als positiver Strom am Meßinstrument angezeigt.
Falls die internen Range - Widerstände für Ihr Vorhaben nicht ausreichen, müssen Sie einen externen Range - Widerstand wie im Schaltbild links zwischen Gegenelektrode und WE 1 einschalten. WE 1 wird gleichzeitig mit RE verbunden. Der Strom wird jetzt über die Spannung zwischen Gegenelektrodenanschluß am Potentiostaten und Erde gemessen. Es gilt wieder:

I = U / R

Dabei sei hier R der externe Meßwiderstand. Hinweis: Je größer der Meßwiderstand, um so größer ist auch das Rauschen, das dieser Widerstand erzeugt. Ein Kondensator parallel zu diesem (externen) Meßwiderstand verringert das Rauschen, beschneidet gleichzeitig allerdings auch die Frequenzbandbreite für die Aufzeichnung der Meßwerte. Das ist für Gleichstrommessungen unerheblich. Wollen Sie Wechselströme messen, dann ist die maximale Frequenz durch R * C bestimmt: Dieses Produkt bestimmt die Filterzeitkonstante (in s) und damit Grenzfrequenz der meßbaren Wechselströme.

Beispiel: Für R = 10 MOhm soll die Bandbreite noch f = 100 kHz betragen. Dieser Frequenz entspricht eine Filterzeitkonstante (tau)  von 2 * pi / f = 6,28 * 10 exp(-5). Die größte Kapazität, die Sie damit einsetzen dürfen, ist dann

6,28 * 10exp(-5) / 10 exp(7) = 6,28 exp(-12) [F] = 6,28 pF.

Ein praktisch verfügbarer Wert wäre hier 6,8 pF bzw. 5,6 pF.

Für Gleichstrommessungen kann man theoretisch beliebig große Kondensatoren wählen, praktisch wird man sie auf einen Wert begrenzen, der z.B. noch den 50 Hz - Brumm reduziert, aber nicht endlose Einstellzeiten bei Stromänderungen verlangt. In diesem Beispiel wären also 68 nF (oder 100 nF) eine brauchbare Kapazität.

 

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